Fotografie

My Travel Experiences

Ausstellung im KunstFenster des Kunstvereins Ladenburg

26.02.2022 bis 19.03.2022

Rundgang

Einführung Stefanie Kleinsorge

Kamera und Schnitt: Martin Ziegler, Kunstverein Ladenburg

Rezension »Mannheim Morgen«

Ladenburg: Kunstverein eröffnet weitere Ausstellungen im Jubiläumsjahr/ Gisela Makowski und Rainer Zerback präsentieren sich

Reisen auf die etwas andere Art

Von Michael Schäfer

Gleich zwei Vernissagen gab es vergangene Woche beim Kunstverein Ladenburg (KVL): Am Dienstag eröffnete Gisela Makowski im Rahmen der Mitgliederausstellungen des KVL ihre Ausstellung »Ich sehe was, was du nicht siehst« oder »Lichtsubjekte im Spannungsfeld zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit«. In den ausgestellten Arbeiten widmet sich die Lichtdesignerin der »Beleuchtung innerer Wirklichkeiten«. Eine Ausstellung der etwas anderen Art ist seit Samstagabend in Ladenburg in der Hauptstraße 77 zu sehen: Um 18 Uhr eröffnete »My Travel Experiences« (Reiseerfahrungen) mit Fotografien von Rainer Zerback im KunstFenster des KVL.

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Rezension »Ladenburger Zeitung«

Reise-Erfahrungen abseits des Mainstreams

Fotokünstler Rainer Zerback präsentiert »My Travel Experiences« im KunstFenster - von Fast Food in China bis zur Reinigungskraft in Disneyland

Von unserer Mitarbeiterin Silke Beckmann

Foto-Ausstellungen sind beim Kunstverein Ladenburg (KVL) nicht allzu häufig – umso mehr freute sich anlässlich der Vernissage Vorsitzende Wiebke Hünermann-Neuert auf die Werke des Fotokünstlers Rainer Zerback, der im KunstFenster »My Travel Experiences« zeigt, also »Meine Reise-Erfahrungen«. Wer da aber an Bilderfolgen monumentaler Sehenswürdigkeiten ferner Länder oder spektakuläre Landschaftsaufnahmen denkt, liegt falsch.

Denn zu sehen ist nicht etwa das Landestypische, Erwartbare, und es stellt sich beim Betrachter auch nicht etwa ein Wiedererkennungseffekt mit treffsicherer Einordnungsmöglichkeit ein. Vielmehr zeigen die Bilder, was der Fotograf selbst mit seinen Reisen verbindet, wie Kunsthistorikerin Stefanie Kleinsorge, Leiterin des Kulturamtes Ludwigshafen, in ihrer Laudatio ausführte: »Wir sehen nicht China oder Island, sondern Rainer Zerbacks China- oder Islanderfahrungen.«

Wichtig sei nicht, »dass wir als Betrachtende sehen, was wirklich war, sondern dass wir sehen können, was der Fotograf mit dem Reiseziel verbindet«. So ist ihm 2019 in China vor allem die sich wandelnde Esskultur aufgefallen. Denn während chinesisches Essen gemeinhin ja eher aufwendig zubereitet werde, staunte Zerback bei seiner Reise im Jahr 2019 über die große Anzahl junger Fast-Food-Konsumenten, auf der Straße unterwegs mit Pommes, Pizza, Spießen oder Eis - ein Umstand, der in Porträtaufnahmen mündete, von denen 16 in der Ausstellung gezeigt werden.

Rainer Zerback reist gern, viel und weit, sei es für Auftragsarbeiten oder im Urlaub. [...] Und irgendwann reiste auch die Idee mit: »Was rührt dich am meisten, treibt dich um? Gibt es ein Thema, das ich auffällig finde und fotografisch noch nebenher bearbeiten möchte?« Dabei geht es ihm um das Hauptthema Zivilisation und die Frage: Wie verändert der Mensch die Erde?

In Island hatte er 2013 eigentlich Aufnahmen der spektakulären Landschaft im Sinn, doch überall wimmelte es von Touristen, die Zerback schließlich, entgegen seiner Ursprungsintention, ganz beabsichtigt mit ablichtete. Daraus ist das Hauptthema »Places of Interest« entstanden, »und die suche ich jetzt auf der ganzen Welt«. Gefunden hat er sie auf bislang 18 Reisen, unter anderem nach Indien, China, die USA oder Lanzarote. Im Kunstfenster zeigt er Ausschnitte aus sechs Serien, darunter auch diejenige, die 2017 in Barcelona entstand, nur eine Woche nach einem Terroranschlag, »um Bilder für das zu finden, was sich nicht in Worte fassen lässt«. Um die Lähmung in der Stadt auszudrücken, simulierte der Fotokünstler die Sicht des im Lkw sitzenden Attentäters – das großformatigste Werk der Ausstellung.

Überhaupt ist es spannend, die Bilder im Kontext von Zerbacks erklärenden und für Besucher auch schriftlich festgehaltenen Ausführungen zu betrachten. Bei »My Eclipse Experience« handelt es sich um Aufnahmen der Sonnenfinsternis 2017, für die der Fotokünstler extra nach South Carolina reiste. Ein »Riesenaufwand« für 131 Sekunden Action: »Man hat nur zwei Minuten, das ist ein entsetzlicher Stress.« Die Euphorie nach Sichtung der Ergebnisse war enorm, offenbarte aber auch den zuvor selbst aufgebauten Druck. Ein anderes Beispiel für Zerbacks Perspektive der persönlichen Erfahrungen gibt die im Retro-Stil gehaltene Disneyland-Serie: »Gleich am Eingang bin ich auf die erste Reinigungskraft gestoßen« – und so setzte er schließlich diejenigen in Szene, »die den Laden am Laufen halten«, vom Popcorn-Verkäufer bis zum Kellner, allesamt in weißer Arbeitskleidung.

Aktuell arbeitete Rainer Zerback an einem Porträt über Ludwigshafen, in dem er »alle Aspekte der Stadt abbilden möchte«, in der er selbst seit vier Jahren wohnt. Gerade hat er den 115. Foto-Spaziergang für dieses Projekt absolviert. Die Ausstellung »My Travel Experience« verbleibt noch bis 19. März im KunstFenster, das samstags von 14 bis 17 Uhr, sonntags von 11 bis 17 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung unter der Nummer 0621 / 413796 geöffnet ist.

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Ladenburger Zeitung, 04.03.2022

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